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Im
Jahre 1919 veröffentlichte Karl Paulke im Archiv für Musikwissenschaft einen
Artikel, der im Anhang ein Verzeichnis der seinerzeit vorhandenen Kantaten und
Messen J. Th. Roemhildts enthielt. Knapp 50% der ihm bekannten 235 Handschriften
befanden sich ursprünglich in den Kirchenbibliotheken von St. Catharinen bzw.
von St. Johannes in Danzig und wurden später in die Danziger Stadtbibliothek überführt. Hans
Römhild, eine später Nachfahre des Komponisten, schrieb 1963 in “Die Musik
in Geschichte und Gegenwart” (MGG), von dem Bestand an 235 Kirchenkantaten sei
“im 2. Weltkrieg ein erheblicher Tl. vernichtet” worden. Die Formulierung
bezieht sich offenkundig auf die Handschriften der Stadtbibliothek Danzig (56
Kantaten der Catharinen- und 55 der Johanneskirche, unter ihnen einige
Doubletten), die bis in die 1990er Jahre als Kriegsverluste galten. Des weiteren
befanden sich eine Kantate und ein Kyrie im Pfarrarchiv der Hauptkirche Sorau
(heute: Zary/Polen), sie wurden nach Angaben von Hans Römhild ebenfalls ein
Opfer der Kampfhandlungen. Da das Archiv der Stadt- und Hauptkirche Guben/Gubin,
in dem das Manuskript einer weiteren Kantate lag, im Krieg zerstört wurde, ist
auch dieses Werk nicht überliefert. Die Handschrift der von K. Paulke 1921
edierten Matthäus-Passion aus Danzig scheint ebenfalls vernichtet worden und
damit endgültig verloren zu sein. George
J. Buelow, Autor des Artikels Römhild in “The New Grove Dictionary of Music
and Musicians” (NGroveD), stützte sich im wesentlichen auf die Ausführungen
von Hans Römhild und sprach von einer generellen “Unsicherheit” im Hinblick
auf das Schicksal der Noten. In
den 1930er Jahren bereiteten der Leunaer Heimatforscher und Musikwissenschaftler
Otto Dörfer – der aus dem Nachlaß K. Paulkes sowie dem Nachlaß Arno
Werners, Bitterfeld, die Roemhildt betreffenden Unterlagen erworben hatte –
und der ebenfalls in Leuna tätige Kantor Horst Langrock eine Edition der Werke
J. Th. Roemhildts vor. Zu diesem Zweck ließ O. Dörfer Kopien (Fotos) der
meisten damals vorhandenen Vokalwerke anfertigen. Diese Kopien vermachte er H.
Langrock, sie gelangten nach dessen Tod in den Besitz seines Sohnes Dr. Klaus
Langrock, Bochum. Dieser übergab die Unterlagen 1997 dem
Musikwissenschaftlichen Institut der Ruhr-Universität Bochum als Dauerleihgabe. Insgesamt
haben sich– lässt man Doubletten, die sich an mehreren Orten finden, unberücksichtigt
– 123 bislang als verschollen geltende bzw. völlig unbekannte Werke J.Th.
Roemhildts erhalten und sind in Bochum zugänglich. Die
heute in der Musikaliensammlung der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern,
Schwerin befindliche Partia für Cembalo, Violine und Violoncello ist das
einzige überlieferte Kammermusikwerk J. Th. Roemhildts Ging
man bisher mit Hans Römhildt davon aus, dass die meisten der zu Beginn unseres
Jahrhunderts bekannten Werke J. Th. Roemhildts vernichtet worden sind, so lässt
sich heute konstatieren, dass fast alle Handschriften zumindest in Kopie
vorhanden sind. Im
Zuge einer jüngst abgeschlossenen Bestandsaufnahme der
Roemhildt-Notenmanuskripte in der Bibliothek der Polnischen Akademie der
Wissenschaften zu Danzig (Biblioteka Gdanska Polskiej Akademii Nauk) – dem
heutigen Aufbewahrungsort der Danziger Notenbestände J.Th. Roemhildts –
stellte sich heraus, dass alle Noten aus dem ehemaligen Archiv der
Johanneskirche den Krieg überdauert haben. Lediglich die Manuskripte der
Katharinenkirche gingen tatsächlich verloren. Überdies zeigte sich, dass die
Notenbestände der Johanneskirche nicht nur – wie seinerzeit von Otto Dörfer
vermerkt und von den Autoren im Werkverzeichnis angegeben – jeweils die
Partituren enthalten, sondern in den meisten Fällen auch einen kompletten
Stimmensatz. Die Titelblätter der Werke aus dem ehemaligen Bestand der Catharinenkirche trugen neben der Angabe Merseburg auch jeweils ein Datum, woraus zu ersehen ist, daß es sich bei diesem Korpus um einen nahezu vollständigen Jahrgang für das Kirchenjahr 1735/36 handelte. Ein großer Teil der Kantaten aus dem Bestand der Johanniskirche Danzig wurde 1727 inventarisiert. Bisher
noch immer weitgehend offen ist die Frage, wie und durch wen die Kompositionen
J. Th. Roemhildts nach Danzig kamen. Auch
die Durchsicht der Mügelner Notenbestände brachte eine Reihe neuer
Erkenntnisse, namentlich im Hinblick auf die dortige Rezeption der Werke J. Th.
Roemhildts; beispielsweise finden sich hier gelegentlich bis in die 1750er Jahre
reichende Aufführungsdaten auf den Titelblättern. Leider
fehlen noch immer konkrete Anhaltspunkte zu den Kompositionsdaten der Kantaten.
Man muss allerdings ein Kompositionsdatum deutlich vor 1744 annehmen. Die
letzten datierbaren Kompositionen Roemhildts entstanden zum Jahrestag
des Augsburger Religionsfriedens 1755 (falls es sich nicht um Parodien
handelt). |
Erstellt von Birgit
Abels -- verantwortlich für den Inhalt: Klaus
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31.12.05 13:24
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