[Bericht über Notenedition Stoelzel, in:] 

Allgemeine Musikalische Zeitung 1832

 

Gottfried Heinrich Stoelzel (13.1.1690–27.11.1749) wurde in Grünstädtl im Erzgebirge, nahe der Grenze zu Böhmen, geboren. Nach erster musikalischer Unterweisung in seiner Heimatstadt ging er 1707 zum Studium nach Leipzig, wo er u.a. Schüler von Melchior Hofmann war. 1713 reiste er für rund 1 1/2 Jahre nach Italien, um sich dort mit der modernsten Musik der Zeit vertraut zu machen, und wirkte dann drei Jahre in Prag. 1718 erhielt er die Kapellmeisterstelle am Hof in Gera, wechselte jedoch bereits ein Jahr später in gleicher Funktion nach Gotha. Dort wirkte er bis zu seinem Tod.

Ab 1731 – zu dieser Zeit ging der Sondershäuser Kapellmeisters Johann Balthasar Christian Freislich (1687–1764) nach Danzig – erhielt G. H. Stoelzel zahlreiche Kompositionsaufträge für den Sondershäuser Hof. Dabei handelte es sich teils um Gelegenheitswerke anläßlich von Geburtstagen und sonstigen Festen in der dortigen Fürstenfamilie, teils um geistliche Vokalwerke.

G. H. Stoelzel war einer der produktivsten Komponisten seiner Zeit. Neben zahlreichen Orchester- und Kammermusikstücken schrieb er nicht weniger als 18 musikdramatische Werke, mehrere Oratorien (vgl. das abstract Ahrens sowie den Text Fechner) und Messen, 12 komplette Kantatenjahrgänge, Motetten und mindestens sieben Passionen (vgl. die Beiträge Blankenburg und Weidenfeld); hinzu kommen zahlreiche weltliche Kantaten. Über die Hälfte des gesamten Werkbestandes gilt heute als verschollen. Die größte Anzahl seiner Werke hat sich im Schloßarchiv Sondershausen erhalten, über eine bedeutende Sammlung verfügt auch die Deutsche Staatsbibliothek Berlin.

G. H. Stoelzel genoß einen ausgezeichneten Ruf als Komponist, Lorenz Mizler stellte ihn sogar über Johann Sebastian Bach. Dieser kannte seinen Gothaer Kollegen persönlich und schätzte ihn: er bearbeitete dessen Partia g-moll und nahm sie in das Klavierbüchlein für Wilhelm Friedemann Bach auf. Heute verschollene Quellen deuteten im übrigen darauf hin, daß der Thomaskantor Vokalwerke von G. H. Stoelzel in Leipzig aufführte.

Besondere Anerkennung fand G. H. Stoelzels Art der Komposition von Rezitativen. Seine ästhetischen Vorstellungen faßt er in einer Abhandlung vom Recitativ (ca. 1739) zusammen, die allerdings ungedruckt blieb und erst 1962 veröffentlicht wurde (Werner Steger, Gottfried Heinrich Stoelzels „Abhandlung vom Recitativ“, Dissertation Heidelberg 1962). Im Unterschied zu anderen Komponisten seiner Zeit schrieb G. H. Stoelzel häufig mehrstimmige Rezitative (vgl. den Beitrag Ahrens zu den mehrstimmigen Rezitativen). Die entsprechenden Passagen – a 2 oder a 4 gesetzt – dienen insbesondere der Textausdeutung und der musikalischen Dramaturgie.

Das Projekt eines internetbasierten Werkverzeichnisses, das in Kooperation zwischen dem Musikwissenschaftlichen Institut der Ruhr-Universität Bochum und der Forschungseinrichtung Kloster Michaelstein realisiert wird, befindet sich noch im Aufbau. Zunächst stellen wir Kantatentexte einschließlich Besetzungsangaben und weiteren Informationen zu dieser Werkgattung zur Verfügung. Der gesamte Textkorpus kann durchsucht werden. Dabei orientieren wir uns weitgehend an der Homepage zu Johann Theodor Roemhildt (www.mielorth.de). Damit die Arbeit sinnvoll weitergeführt werden kann bitten wir alle, die mit dem Material arbeiten wollen, uns ihre Erkenntnisse, Änderungsvorschläge und Anregungen mitzuteilen.

Da die genaue Anzahl der Kantaten und deren chronologische Einordnung bisher noch unklar sind, wird zunächst auf eine Numerierung verzichtet. Die Kantaten sind nach Jahrgängen und der Einbindung in das jeweilige Kirchenjahr geordnet, Grundlage bildet die Arbeit von Fritz Hennenberg Das Kantatenschaffen von Gottfried Heinrich Stölzel (= Beiträge zur musikwissenschaftlichen Forschung in der DDR, Bd. 8), Leipzig 1976.

 

 

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